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Linda Howard: Gefährliche Begegnung

Eine Leseprobe mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Random House.

 

Iran, 1994

Gefährliche Begegnung In der kleinen Hütte war es kalt und zugig. Trotz der Decken, die über dem einzigen Fenster und der verzogenen Tür hingen, damit ja kein Lichtschimmer nach außen drang, pfiff eiskalte Luft herein. Niema Burdock hauchte ihre Finger an, um sie zu wärmen. Im trüben Licht der kleinen, batteriebetriebenen Funzel, der einzigen Lichtquelle, die ihnen Tucker, der Teamleiter, erlaubte, bildete ihr Atem kleine Wölkchen.
      Ihrem Mann Dallas schien die Kälte überhaupt nichts auszumachen. Er trug nur ein T-Shirt und war gerade dabei, die Semtex-Blöcke sicher in seinem Rucksack zu verstauen. Niema, die ihn beobachtete, versuchte sich ihre Besorgnis nicht anmerken zu lassen. Sie machte sich nicht etwa wegen des Plastiksprengstoffs Gedanken, nein, das Plastikzeug war so sicher, dass es die Soldaten in Vietnam sogar als Brennstoff benutzt hatten. Aber Dallas und Sayyed mussten die Sprengkörper in der Fabrik selbst zünden, und das war der gefährlichste Teil einer ohnehin schon haarsträubenden Mission. Obwohl, wenn sie ihren Mann so ansah, er wirkte genauso ruhig, als gälte es, nur mal eben eine Straße zu überqueren. Niema dagegen war alles andere als ruhig. Der ferngesteuerte Zünder war ein antiquiertes Ding, und das mit Absicht, falls die Ausrüstung in falsche Hände fiel. Nichts sollte darauf hinweisen, dass die Operation eine amerikanische war, weshalb Dallas auch Semtex anstatt C 4 verwendete. Doch gerade weil ihre Ausrüstung nicht unbedingt auf dem neuesten Stand war, hatte Niema ihr Möglichstes getan, dafür zu sorgen, dass alles fehlerlos funktionierte. Immerhin waren es die Finger ihres Mannes, die den Zünder betätigen mussten.
      Dallas merkte, dass sie ihn beobachtete, und blinzelte ihr zu. Sein normalerweise ausdrucksloses Gesicht verzog sich zu einem warmen Lächeln, ein Lächeln, das er nur für sie reservierte. »He«, sagte er sanft, »keine Sorge, ich kann das.«
      Und sie hatte gedacht, man würde ihr ihre Nervosität nicht anmerken! Die anderen drei Männer wandten ihr die Köpfe zu. Da sie nicht wollte, dass sie dachten, sie könnte mit der Anspannung der Situation nicht fertig werden, zuckte sie gespielt gleichgültig mit den Schultern. »Verklag mich doch. Ich bin frisch verheiratet, ich hab keine Ahnung. Dachte, die besorgte Gattin zu spielen gehört zu meinem Job.«
      Sayyed, der ebenfalls dabei war, einzupacken, lachte. »Schöne Art, seine Flitterwochen zu verbringen.« Er war im Iran geboren, aber mittlerweile amerikanischer Staatsbürger, ein zäher, drahtiger kleiner Mann Ende Vierzig. Sein Englisch war perfekt, ja es klang sogar die Sprechweise des mittleren Westens heraus, was nicht nur daran lag, dass er schon seit dreißig Jahren in den Staaten lebte, sondern auch an seinem unglaublichen Fleiß. »Ich persönlich hätte mir Hawaii ausgesucht. Wenigstens ist's da jetzt wärmer.«
      »Oder Australien«, warf Hadi sehnsüchtig ein. »Dort ist jetzt Sommer.« Hadi Santana war arabisch-mexikanischer Abstammung, aber in Amerika geboren und aufgewachsen. Er stammte aus dem heißen Süden Arizonas und mochte das kalte, iranische Gebirge im Winter ebenso wenig wie Niema. Seine Aufgabe war es, Wache zu halten, während Dallas und Sayyed die Zündungen legten. Er überspielte seine Anspannung, indem er wieder und wieder Gewehr und Munition überprüfte.
      »Wir waren nach der Hochzeit zwei Wochen auf Aruba«, bemerkte Dallas gelassen, »wirklich toll da.« Abermals zwinkerte er Niema zu, und sie musste unwillkürlich lächeln. Falls Dallas nicht zuvor schon einmal auf Aruba gewesen war, konnte er nicht allzu viel von der Insel mitbekommen haben, hatten sie ihre Kurzflitterwochen doch fast ausschließlich im Bett verbracht. Nur zum Essen waren sie gelegentlich aufgestanden. Ach, es war herrlich gewesen. Das war jetzt drei Monate her.
      Tucker beteiligte sich nicht an der Unterhaltung, aber seine kühlen, dunklen Augen ruhten fast prüfend auf Niema, als frage er sich, ob es vielleicht ein Fehler gewesen war, sie in sein Team aufzunehmen. Sie besaß zwar nicht die gleiche Menge an Erfahrungen wie ihre Kollegen, aber ein Neuling war sie auch nicht gerade. Und nicht nur das, sie konnte jede Telefonleitung mit verbundenen Augen anzapfen. Falls Tucker also Zweifel an ihren Fähigkeiten hegte, sollte er es offen sagen, wünschte sie, anstatt nur finster zu glotzen.
      Nun, sie hatte jedenfalls Zweifel, was ihn betraf, überlegte sie trocken. Nicht, dass er was Falsches gesagt oder getan hätte, nein. Ihr Unbehagen ihm gegenüber war rein instinktiv, es hatte keinen konkreten Grund. Sie wünschte, er wäre einer der Männer, die in die Giftgasfabrik gingen, anstatt allein hier mit ihr die Stellung zu halten. Der Gedanke, zwei Stunden allein mit ihm verbringen zu müssen, war zwar längst nicht so aufreibend wie die Vorstellung, dass Dallas in höchster Gefahr schweben würde, aber schlimm genug. In ihrem ohnehin angespannten Zustand konnte sie den zusätzlichen Stress mit dem stummen Klotz weiß Gott nicht gebrauchen.
      Tucker hatte ursprünglich an Dallas' Stelle gehen wollen, aber dieser argumentierte dagegen. »Schau, Boss«, hatte er auf seine ruhige Weise gesagt, »es ist ja nicht so, dass du den Job nicht machen könntest, du bist genauso gut wie ich, aber für dich wär's ein überflüssiges Risiko. Wenn's keine andere Möglichkeit gäbe, wär's was anderes, aber so ist es nicht.« Die beiden hatten einen unergründlichen Blick ausgetauscht, dann hatte Tucker kurz genickt.
      Dallas und Tucker kannten einander von früher, hatten schon früher gelegentlich zusammengearbeitet. Das Einzige, was in Niemas Augen für den Teamchef sprach, war die Tatsache, dass ihr Mann ihm vertraute und ihn achtete. Und Dallas Burdock war alles andere als leichtgläubig, ganz im Gegenteil. Dallas war der zäheste, gefährlichste Mann, dem sie je begegnet war, ja, sie hatte sogar geglaubt, der gefährlichste überhaupt. Bis sie Tucker traf.
      Und das war an sich schon beängstigend, denn Dallas war wirklich unglaublich. Bis vor fünf Monaten hätte sie nicht einmal gedacht, dass solche Männer überhaupt existierten. Jetzt wusste sie es besser. Mit zugeschnürter Kehle beobachtete sie ihren Mann dabei, wie er konzentriert, den schwarzen Schopf über die Ausrüstung gebeugt, alles säuberlich verstaute. Seine Konzentrationskraft war beängstigend; wenn er es wollte, dann existierte nichts mehr außer seiner Aufgabe. Eine solche Konzentration hatte sie ansonsten nur bei einem anderen Mann beobachtet: bei Tucker.
      Irgendwie konnte sie es noch immer nicht fassen, dass sie wirklich und wahrhaftig mit diesem Mann verheiratet war, mit einem Mann wie Dallas. Sie kannte ihn erst seit fünf Monaten und liebte ihn beinahe ebenso lange, dennoch war er in so vieler Hinsicht noch ein Fremder für sie. Sicher, allmählich begannen sie einander besser kennen zu lernen, begannen sich in ihre Ehe einzugewöhnen, falls man bei einem Beruf wie dem ihren überhaupt von Gewöhnung sprechen konnte. Sie waren beide Vertragsagenten, die für die unterschiedlichsten Auftraggeber arbeiteten, meist jedoch für die CIA.
      Ja, Dallas war ruhig, gelassen und zuverlässig. Früher hätte sie solche Charaktereigenschaften als wünschenswert erachtet - vorausgesetzt, man war der Typ Heimchen am Herd. Wünschenswert, aber langweilig. Doch jetzt nicht mehr. Nichts an Dallas ließ sich als langweilig bezeichnen. Saß die Katze im Baum und konnte nicht mehr herunter? Dallas konnte klettern wie ein Affe. Ein verstopftes Wasserrohr? Dallas war ein unglaublich begabter Klempner. Zu hoher Wellengang beim Schwimmen im Meer? Die Baywatch-Schönlinge konnten Dallas, was Schwimmkünste betraf, nicht das Wasser reichen. Wurde ein ausgezeichneter Schütze gebraucht - auch hier war Dallas der Richtige. Und einen Sprengexperten für eine Giftgasfabrik im Iran? Dallas war dein Mann.
      Also gehörte schon was dazu, um noch tougher und gefährlicher zu sein als Dallas, aber Tucker... ja, er war es. Sie wusste nicht, warum sie sich da so sicher war. Es lag nicht etwa an Tuckers physischer Erscheinung; er war groß und drahtig, aber nicht so muskulös wie Dallas. Nervös war er ebenfalls nicht. Falls überhaupt, wirkte er noch gelassener als Dallas. Dennoch war da etwas in seinen Augen, in seiner charakteristischen Reglosigkeit, das ihr verriet, dass Tucker ein äußerst gefährlicher Mann war.
      Doch sie behielt ihre Zweifel am Boss für sich. Sie wollte Dallas' Meinung über Tucker vertrauen, denn sie vertraute ihrem Mann vollkommen. Im Übrigen war sie es gewesen, die diesen Auftrag unbedingt hatte annehmen wollen. Dallas war mehr für einen Tauchurlaub in Australien gewesen. Nun, vielleicht war sie ja einfach nur nervös und deshalb so empfindlich. Immerhin würde man sie töten, wenn sie aufflogen, aber um den Auftrag erfolgreich auszuführen, mussten sie das Risiko, entdeckt zu werden, in Kauf nehmen.
      In der kleinen Fabrik im Herzen dieses kalten Gebirges wurde nämlich ein biologischer Kampfstoff hergestellt, der schon bald an eine Terroristenzentrale im Sudan versandt werden sollte. Ein Luftangriff wäre zwar die schnellste und leichteste Lösung gewesen und auch die effektivste, hätte jedoch das empfindliche Machtgleichgewicht im Mittleren Osten massiv gestört. Und ein Krieg war das Letzte, was man wollte, egal, welcher Seite man angehörte.
      Da ein Luftangriff also nicht in Frage kam, musste die Fabrik vom Boden aus zerstört werden, was bedeutete, dass die Sprengkörper nicht nur von Hand angebracht, sondern in der Wirkung obendrein äußerst vernichtend sein mussten. Dallas verließ sich dabei nicht bloß auf das Semtex; in der Fabrik selbst gab es Brennstoffe und hoch explosive Flüssigkeiten, die seinem Vorhaben zum Gelingen verhelfen sollten. Die Anlage sollte nicht nur in die Luft gehen, sie sollte bis auf die Grundmauern niederbrennen.
      Seit fünf Tagen hielten sie sich jetzt im Iran auf, ganz ungeniert, wie Einheimische. Niema trug dabei den traditionellen Tschador der Muslimfrauen, nur ihre Augen schauten heraus, und manchmal waren selbst diese verschleiert. Sie konnte kein Farsi - sie hatte Französisch, Spanisch und Russisch gelernt, aber kein Farsi -, was jedoch keine Rolle spielte, da sie als Muslimfrau ohnehin zu schweigen hatte. Sayyed war Iraner, doch soweit sie das beurteilen konnte, sprach Tucker ebenso fließend Farsi wie Sayyed. Dallas tat es ihm beinahe gleich, und Hadi war ein wenig schlechter als Dallas. Irgendwie schon komisch, dass sie alle dunkle Augen und dunkle Haare hatten, und manchmal fragte sie sich, ob das nicht eine ebenso große Rolle bei ihrer Aufnahme ins Team gespielt hatte wie ihre Fertigkeiten auf dem Gebiet der Elektronik.
      »Das wär's.« Dallas schob den Fernzünder ein und schulterte den Rucksack mit dem Sprengstoff. Er und Sayyed hatten praktisch identische Ausrüstungen. Niema hatte die Fernzünder buchstäblich aus Einzelteilen zusammenbauen müssen, denn die, die sie gekauft hatten, waren alle irgendwie beschädigt oder fehlerhaft gewesen. Also hatte sie sie kurzerhand zerlegt und aus den Teilen zwei funktionierende Fernzünder zusammengebastelt, die sie wieder und wieder testete, bis sie vollkommen sicher war, dass sie einwandfrei funktionierten. Außerdem hatte sie die Telefonleitungen der Fabrik angezapft, eine kinderleichte Aufgabe, da deren Telefonnetz noch aus den frühen Siebzigern stammte. Viel war dabei nicht herausgekommen, aber immerhin konnten sie sich nun sicher sein, dass ihre Informationen stimmten und man dort tatsächlich eine Ladung Anthrax für eine Terroristengruppe im Sudan herstellte. Anthrax war nichts Besonderes, dafür aber verteufelt wirksam.
      Sayyed hatte sich in der Nacht zuvor ein wenig in der Fabrik umgesehen und bei seiner Rückkehr einen groben Grundriss der Anlage zeichnen können. Sie wussten also nun, wo der Test- und Inkubationsbereich war, wo sich die Lager befanden und wo er und Dallas ihre Sprengkörper konzentrieren mussten. Sobald die Fabrik in die Luft geflogen war, würden Tucker und Niema die restliche Ausrüstung zerstören - die ohnehin nicht viel wert war - und sich bereit machen, sodass man bei der Rückkehr der Männer sofort aufbrechen konnte. Man würde sich trennen, und jeder würde selbst sehen, wie er aus dem Land gelangte. In Paris würde man sich dann zu einer abschließenden Besprechung treffen. Niema würde das natürlich gemeinsam mit Dallas machen.
      Tucker löschte das Licht, und die drei Männer glitten lautlos in die Dunkelheit hinaus. Niema wünschte sofort, Dallas wenigstens umarmt oder ihm einen Abschiedskuss gegeben zu haben, egal was die anderen drei dachten. Ohne ihn wurde ihr plötzlich noch kälter.
      Nachdem er sich versichert hatte, dass die Decken vor den Fenstern wieder richtig zu waren, schaltete Tucker das Licht an und begann rasch die Dinge einzupacken, die sie mitnehmen würden. Viel war es nicht: ein wenig Proviant, ein paar Sachen zum Wechseln, ein bisschen Geld: nichts, das Misstrauen erregte, sollte man sie kontrollieren. Niema gab sich einen Ruck und begann ihm zu helfen. Schweigend teilten sie den Proviant in fünf gleich große Päckchen.
      Anschließend konnten sie nur noch warten. Sie trat ans Funkgerät und überprüfte die Anschlüsse, obwohl sie das zuvor schon getan hatte; das Gerät blieb stumm, was nicht weiter verwunderlich war, da die Männer sich nicht unterhielten. Sie hockte sich vor das Gerät und umklammerte bibbernd ihre Knie.
      Es war schon bis jetzt kein Zuckerschlecken gewesen, aber die Warterei war immer das Schlimmste, fand sie. Und nun, da sie Dallas in Gefahr wusste, war es noch tausendmal schlimmer. Die Angst um ihn, die Unruhe nagte an ihr wie eine Art innerer Dämon. Sie warf einen Blick auf ihre billige Armbanduhr: Erst fünfzehn Minuten waren vergangen. Sie konnten die Giftgasfabrik noch gar nicht erreicht haben.
      Eine dünne Decke legte sich um ihre Schultern. Überrascht blickte sie zu Tucker auf, der sich über sie beugte. »Du hast gezittert«, war seine Erklärung für diese überraschende Geste. Dann zog er sich wieder zurück.
      »Danke.« Unbehaglich wickelte sie sich enger in die Decke. Das war nett von ihm gewesen, aber ihr war gar nicht wohl dabei. Sie wünschte, sie könnte ihr Unbehagen in Bezug auf den Mann ignorieren. Wenn sie zumindest wüsste, warum sie sich in seiner Gegenwart so unbehaglich fühlte. Sie hatte versucht, sich nichts von ihren Gefühlen anmerken zu lassen und sich ganz auf ihre Aufgabe zu konzentrieren, aber Tucker war kein Dummkopf; er spürte natürlich, dass sie etwas gegen ihn hatte. Manchmal hatte sie fast das Gefühl, als würden sie einen stummen Kampf ausfechten, von dem nur sie beide wüssten, wenn sich ihre Blicke, was selten vorkam, begegneten. In dem ihren lag unverhohlenes Misstrauen, während die seinen spöttisch funkelten.
      Doch nie ließ er sich etwas anmerken, tat nichts, das ihre Ressentiments ans Licht gebracht hätte. Sein Verhältnis zu den drei anderen Männern dagegen war locker und professionell. Ihr gegenüber verhielt er sich tadellos höflich und unpersönlich, und auch das bewies einmal mehr seine unglaubliche Professionalität. Tucker respektierte Dallas, und das Letzte, was er wollte, war, den Teamgeist zu stören oder ihre Aufgabe zu gefährden, indem er seine Frau irgendwie vergrätzte. Das hätte Niema eigentlich beruhigen sollen - tat es aber nicht.
      Bis zu dem Zeitpunkt, als er ihr die Decke um die Schultern legte, hatten sie kein einziges Wort gesprochen. Sie wünschte, es wäre so geblieben, denn einen Mann wie Tucker hielt man sich am besten so weit als möglich vom Leib, dachte Niema, das war am sichersten.
      Er setzte sich mit einer fast raubtierhaften Anmut und Geschmeidigkeit. Die Kälte schien ihm überhaupt nichts auszumachen; er trug nur ein schwarzes T-Shirt und Drillichhosen. Dallas war ebenfalls so ein Backofen, auch er fror nur selten. Was war nur an diesen Männern, dass sie diese niedrigen Temperaturen weniger spürten als der Rest der Menschheit? Vielleicht lag es ja an ihrer fabelhaften Kondition, aber auch sie war in ausgezeichneter körperlicher Verfassung, und sie fror schon, seit sie die Grenze zum Iran überschritten hatten. Es war nicht so, dass sie sich wünschte, sie würden auch frieren, sie wünschte bloß, dass die verdammte Fabrik in der Wüste wäre anstatt in diesen scheißkalten Bergen.
      »Du hast Angst vor mir.«
      Diese vollkommen aus dem Blauen kommende Bemerkung erschreckte sie mehr als die Sache mit der Decke, aber doch nicht genug, um sie aus der Fassung zu bringen. Er hatte den Satz total gelassen gesagt, als wäre es nur eine Bemerkung übers Wetter. Sie schenkte ihm einen kühlen Blick.
      »Angst nicht«, korrigierte sie ihn, »ich bin lediglich vorsichtig.« Falls er glaubte, sie würde ihre Gefühle ihm gegenüber abstreiten, wie die meisten es getan hätten, wenn sie sich in die Enge getrieben sahen, dann irrte er sich. Wie schon Dallas, nicht selten zu seiner Belustigung, hatte lernen müssen: Niema ließ sich so schnell nicht einschüchtern.

 

Aus dem Amerikanischen von Gertrud Wittich
© Verlagsgruppe Random House, 2002
Alle Rechte vorbehalten!

 

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