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Leichenberg 12/1995

 

Es gibt sie noch, die richtig rührend katastrophalen Bücher: Lösegeld  von Brian Tobin (Aufbau) ist so ein Fall. Man fragt sich ratlos, warum in aller Welt so ein Text unbedingt an die Öffentlichkeit muß. Vielleicht, weil Tobin uns immer so nett erklärt, was das FBI ist und daß es in Manhattan Parkprobleme gibt. Zur allgemeinen Putzigkeit trägt dann noch die wackere Übersetzung bei, laut der man in New York City gerne in "Fabrikhallenwohnungen" lebt und "St.Pauli-Mädchen"-Bier trinkt. Tja, der Aufbau-Verlag ist jetzt da angekommen, wo Bastei seit langem ist. Wieder ein Text durch Lektorat und Redaktion durchgewunken. Nur Geld soll man für solche Produkte eigentlich nicht nehmen wollen.

Inzwischen leider schon bewährt irrelevant: Rotbuch-Krimis. Mit Tonino Benacquista hat man mit sicherem Griff aus einer Menge guter bis hervoragender (und deswegen hierzulande unverlegter) Autoren allerlei Geschlechts den belanglosesten Langweiler herausgesucht. Itakerblues  handelt nicht sonderlich originell u.a. von Tortellini, und das mag für den kochbuchambitionösen Verlag (Markus Wolf) Kriterium genug gewesen sein.

Anderweitig langweilig: Aaron Elkins: Tote Herzen  (Haffmans bei Heyne), eine dieser zähen Schwarten, wo in exotischen Gefilden - hier Ägypten - die eine oder andere Leiche rumliegt und am Ende weiß man, wer der Täter war, weil ein Superdetektiv demselben auf die Spur kommt - 1994 genauso wie 1937: da nämlich ist Death on the Nile von Old Lady Agatha erschienen.

Besser keine Romane mehr schreiben sollte jetzt endgültig Edna Buchanan. Sie hat als Reporterin, wie wir wissen, soviel vom Asphalt unter Miami zu erzählen, daß ihre steifen Roman-Plots überflüssig und sinnlos erscheinen. Das und eine dito steifleinerne Übersetzung machen Schlangentanz  (Bastei) zu einer reichlich bewegungsarmen und traurigen Angelegenheit.

Erfreulicher ist da schon Melodie Johnson Howe, die mit ihrem zweiten Buch In Schönheit sterben  (Goldmann) immerhin die Kultur des schrägen Blicks und der originellen Figuren bereichert und zudem noch den Vorzug hat, als Autorin dem ideologischen Unfug des "Frauenkrimis" pausenlos kleine Ohrfeigen zu verabreichen. Wie ihre beiden Detektivinnen, die extzentrische Claire Conrad und die handfeste Maggie Hill durch die New Yorker Modewelt fegen, hat Witz & Verstand.

Keinen Gefallen tut man im gleichen Haus (Goldmann) Ian Banks, indem man ihn zum unerhörten Innovator der britischen Literatur hochjubelt. Verschworen  ist auch ohne Hype-Getöse ein sehr anständiges, sich manchmal zu sehr im Blutrausch suhlendes Buch, das brav und solide mit seiner Zwei-Perspektiven-Technik und dem zeitgeistig umdesignten hard-boiled-Helden formal weit hinter dem radikalen Anspruch seiner Story zurückbleibt. Deswegen reicht es höchstens zu Derek Raymond light. Dementsprechend leichter und einfacher zu konsumieren, Konfektion auf hohem Niveau und somit durchaus empfehlenswert.

Nicht empfehlenswert das pünktlich zu "Goldeneye" erschienene James-Bond-Buch  von Klaus-Peter Walter (Ullstein). Ein Produkt aus der Zeitmaschine, weil solche garantiert gedankenfreien Fan-Devotionalien - wer die meisten sinnlosen Facts zusammenträgt, ist der "Fachmann" und gilt als Autorität - für eine sinnvolle Beschäftigung mit " Populärer Kulturquot;& (so hieß in den 80er Jahren die damals schon schlichte Ullstein-Reihe) inzwischen nur noch kontraproduktiv und lächerlich sind.

© Thomas Wörtche

 

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