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Leichenberg 12/1996

 

Armer Scott Turow, da hat er vor langen Jahren mit seinem Buch "Aus Mangel an Beweisen" die Lawine von Anwaltsschwarten losgetreten, die wirklich kein Mensch mehr haben, geschweige denn lesen will, und jetzt kommt er selbst in Verdacht, auf dieser Welle zu schwimmen. Dabei ist sein neuer Roman Das Gesetz der Väter (Blessing) alles andere als Konfektion, sondern der voluminöse Versuch, den Spuren der US-amerikanischen Linken nach den Jahren der Hoffnung und des Aufbruchs bis in die Clinton-Zeit nachzugehen. Es ist schon ein bezeichnender Kommentar von Turow, daß die Hauptfiguren sich nach all den Jahren vor Gericht wiedertreffen: Als Richter, Angeklagte und Verteidiger. Ein sehr sympathisches, weil sorgfältig gedachtes Buch.

Weniger sorgfältig gedacht, aber verläßlich amüsant der neue Celebrity-Thriller von George Baxt: Mordfall für Humphrey Bogart (Haffmans bei Heyne), dessen Handlung beinahe die des "Malteserfalken" ist, dessen Filmfassung während der Romanhandlung gerade gedreht wird. Allerdings ist die Story, wie fast immer bei Baxt herzlich belanglos und dient lediglich als Laufsteg für die Auftritte diverser Berühmtheiten. Diesmal neben Bogie Lillian Hellman und Dashiell Hammett, Sidney Greenstreet (Peter Lorre treffen wir nicht, der ist dauernd unterwegs, Kokain besorgen), Dorothy Parker, Jack Warner und Sam Goldwyn und eine ganze Reihe exquisiter Überraschungsgäste für Filmfreaks: Der Krimi als Klatschkolumne oder die Klatschkolumne als Krimi.

Nochmal Anwälte, diesmal aus England. Ein recht unappettitliches Ragout hat jemand namens Dexter Dias zusammengerührt, das unter dem biblischen Titel Du sollst nicht falsches Zeugnis ablegen (Goldmann) unbedingt den deutschen Markt beglücken muß. Anwalt ist schon schlimm genug, aber in diesem Fall müssen noch keltische Riten, das Sexual in seiner klemmig-britischen Form und irgendwelcher Traum-, also Psychofidelwipp mit rein. Klebricht und eckelhaft.

Wenn schon England und seine traditionellen Werte, dann doch lieber ein eher gelungener Teil von M.J. Trows Lestrade-Serie: Lestrade und die Spiele des Todes (rororo). Das Buch ist zwar schon sechs Jahre alt, hat mir aber wegen der grimmigen Art des Erzählens und der vielen klugen Dialoge viel Spaß gemacht.

Kein übles Buch ist auch John Milnes Schattenspiele (Rotbuch), eine solide Mischung aus Privatdetektiv- und Spionageroman mit ein paar schönen Drehs. Noch mehr Spaß hätte es allerdings gemacht, wenn sich im Impressum ein Hinweis darauf gefunden hätte, daß das Werk aus den mittleren 80er stammt, denn da sah die Welt noch ein wenig anders aus, und das spielt eine große Rolle für den Roman.

Zeitlich präzise verfährt Lorenzo Carcaterra bei seiner Chronik von Hell's Kitchen auf der West Side von Manhattan. Sleepers. Die Unzertrennlichen (Goldmann) ist ein genaues, liebevolles, kritisches und jederzeit plastisches Porträt eines Stadtviertels und seiner Bewohner: ein Must für New York-Fans.

Zwei Knaller am Ende: Das Kichern des Generals von Gisbert Haefs (Haffmans) und Deckname Kugelfisch von John Welter (Knaur). Der Roman von Haefs beschäftigt sich nicht nur mit den Wirren der Weltpolitik, wie sie in Paraguay exekutiert werden, was komisch genug ist, sondern auch mit so hochrelevanten Themen wie dem gewerbsmäßigen Recyclen gebrauchter Kondome, während Welter dem Problem nachgeht, was passiert, wenn der Chefkoch des Weißen Hauses mal wieder Katzenfutter auf Crackern bei einem Staatsbankett serviert hat.

© Thomas Wörtche

 

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