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Chettie Dead They Say

Gerd Friedrich Marenke über den Roman »Auf der Suche nach Chet Baker« von Bill Moody

 

Jazzer Drop Your Axe
It's Jazz Police

Leonard Cohen, 1988

 

Auf der Suche nach Chet Baker 13. Mai 1988, Amsterdam, Niederlande. Der weltberühmte Jazz-Trompeter Chet Baker liegt tot unter dem Fenster seines Hotelzimmers. Das ist das Ende der einen Legende und der Beginn einer neuen: War es Mord, Selbstmord oder ein Unfall, der dem Mann das Leben kostete?

Der jazzverrückte Englisch-Professor Ace Buffington aus Las Vegas fasst die Sache elf Jahre später nochmal an. Aus Ehrgeiz, also zur Festigung seines Ruhms, will er ein Buch schreiben über die letzten Tage und Wochen im Leben der Ikone, aber allein kann er das nicht; ihm fehlen die Kontakte, und die hat Evan Horne, alter Freund und Mitstreiter, selbst Jazzer und nebenbei Detektiv in Sachen Jazz. Aber Horne winkt ab: Er hat die Nase noch voll vom letzten Job. Der war so hart, dass er sogar durch das Debriefing des FBI für Serienkiller-Patienten musste.

Trotzdem verabreden sich die beiden in Amsterdam. Horne quartiert sich ein in Chet Bakers letztem Hotel - von Buffington jedoch findet er nur eine Nachricht vor, die ebenso verwirrend wie alarmierend ist. Nun hat er den Fall doch, denn indem er seinem Freund nachspürt, ist er "nebenbei" auf Chet Bakers Spuren. - Sie führen ihn auch in das Amsterdam der späten 80er Jahre, als das sozialstaatliche Quartiersmanagement den Zeedijk noch nicht gesäubert hatte vom Morast aus Schwerstkriminalität, Menschenhandel, Drogenhandel mit dem härtesten Stoff in ganz Europa und jeder anderen Sauerei. - Da musste Chet Baker hin in jener Nacht und es war sehr dringend. Mit letzter Kraft kauft er ein und findet gerade noch ein Hotel, wo er sich endlich die Mischung aus Heroin und Koks auf die Spritze ziehen kann. Die Droge rauscht ein paar Sekunden durch Blut, Hirn und Herz, und jetzt kommt Ruhe in seinen zerrütteten Leib, den wunden Kopf. Er setzt sich auf die Fensterbank, genießt vielleicht die kühle Nachtluft und winkt einer jungen Radlerin zu, die er vorn am Kanal kreuzen sieht. Dann fällt er aus dem Fenster.

Das ist die eine Geschichte. Die andere erzählt von Evan Horne, dem Pianisten, der in Holland einen alten Saxophonisten trifft, Fletcher Paige, der schon mit Count Basie gespielt hat und im Amsterdamer Exil lebt wie viele amerikanische Jazzer, die in ihrer Heimat vergessen wurden oder sich dem Diktat der großen Firmen nicht beugen wollten. Die beiden spielen zusammen und verstehen sich sofort. Es ist eine Art Love Story In Music, sie ist so wunderbar geschrieben wie das ganze Buch.

Und Fletcher Paige ist ein guter Helfer auf der Suche nach Chet Baker.

Der Amerikaner Bill Moody hat bisher fünf Romane um den Jazzpianisten und Gelegenheitsdetektiv Evan Horne geschrieben, drei davon liegen auf Deutsch im Unionsverlag vor. Übersetzt hat die Bücher Anke Caroline Burger und sie hat hervorragend gearbeitet. Was gibt es besseres, schöneres über einen solchen Text zu sagen als dass ich mittendrin aufgesprungen bin und erstmal in alten Platten kramen musste bis ich den richtigen Sound für den Stoff hatte? - Burger hat den Swing übersetzt und der Groove stimmt.

Nachsatz: Am 23. Dezember 2004 würde Chet Baker seinen 75. Geburtstag feiern. Dass er ihn verpasst, ist die eine Sache. Die andere ist, dass ich mich am fraglichen Donnerstag gleich nach Einbruch der Dunkelheit in meine Winterdecken wickle und "Let's Get Lost" höre. Soviel steht fest.

 

Bill Moody: Auf der Suche nach Chet Baker. (Looking for Chet Baker, 2002). Roman. Aus dem Amerikanischen von Anke Caroline Burger. Deutsche Erstausgabe. Zürich: Unionsverlag, 2004, gebunden mit Schutzumschlag, 269 S., 19.90 Euro (D).

 

© Gerd Friedrich Marenke, 2004

 

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