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Leichenberg 03/1997

 

Ach, die guten alten Zeiten, als Kriminelle noch Hochstapler waren und Schränker und Betrüger. TatOrt Berlin (Transit) heißt ein hübsch gemachter und liebevoll päsentierter kleiner Pitaval aus den idyllischen Zeiten des Verbrechens, den Carl-Peter Steinmann zusammengestellt hat. Nix gegen faktengestützte Nostalgie. Problematischer wird es allerdings, wenn Autoren ihre fiktionalen Idyllen nebst Mord im angeblichen Hier und Heute ansiedeln. Zum Beispiel Peter King. Der hat originellerweise einen Gastro-Detektiv erfunden, der Kriminalromane liebt und ansonsten hauptberuflich mit der Haute Cuisine zu tun hat. Wie schön für ihn. Schöner für die Leser wäre es, wenn Mord à la maison (Knaur) sich doch bitte ein bißchen mit Realitäten auskennen würde. Und wenn das schon nicht, dann wenigstens ein bißchen von Kriminalliteratur verstehen (und Sara Paretsky nicht als "Ärztin" vorstellen) und weniger gutes Essen mit Oregano (!) zukleistern würde. Tut Mr. King aber nicht, und so führt Gastro schnell zur Gastritis.

Wenig Platz für Realitäten hat auch Dean Fullers Roman Tod in Paris (Malik), aber das ist bei so vielen erlesenen Menschen und erlesenen Morden und erlesenen Motiven auch gar nicht erforderlich. Die durchgeknallte Idee, einen greisen Knorpelsack von Jagdflieger aus dem Ersten Weltkrieg mit seinem alten Albatros einen Jet der Bundeswehr abschiessen zu lassen, bevor er selbst versenkt wird, ist ja ganz nett, rettet das Buch aber kaum. Überhaupt nicht hilfreich ist ein Werbespruch von Martha Grimes auf dem Umschlag - sie vergleicht eine Nebenfigur des Buches mit Le Carrés Smiley. Das ist sowas von daneben, daß man sich in einer Parallelwelt vermutet.

Ungläubigkeit auch über Shulamit Lapids neuen Roman Der Hühnerdieb (C. Bertelsmann). Nach ihrem schönen Krimi-Debüt "Lokalausgabe" quält sie uns hier mit einer jener umständlichen Scharaden, die im stillen Kämmerlein ausgeheckt werden und auch nur da funktionieren. Man erkennt diese völlig sinnlosen Bücher daran, daß am Ende seitenweise Erklärungen nachgeliefert werden müssen, warum alle Leute im Buch sich so hartleibig un plausibel benehmen.

Ebenfalls in die Kategorie der x-fach gezwirbelten, man möchte fast sagen: überzwerchen Reißbrettentwürfe gehört Carlotta geht ins Netz von Linda Barnes (Wunderlich). Noch'ne Autorin, die ihre Formel strickt und strickt und strickt; die Wiederkehr des Immergleichen. Immergleich ist auch die Unfähigkeit von Edna Buchanan, einen wirklich guten Roman zu schreiben. Rätselhafterweise mag ich trotzdem ihre Bücher. Teilweise. Was ich an Sturmwind (Bastei) überhaupt nicht mag, ist die dumpfbackige Kombination von Polit-Thriller mit Serial-Killer-Quatsch. Was ich wie immer bei ihr mag, sind die tausend bizarren Nebengeschichten über Miami.

Miami und die kubanische Gemeinde dort sind auch der Hintergrund von Carolina Garcia-Aguilera. Der deutsche Titel von "Bloody Waters" - halten Sie sich fest - heißt doch tatsächlich Die Beretta steht ihr gut (Limes). Ein neuer Höhepunkt des Verachtungsfeldzuges von Verlagen gegen Autoren. Aber nicht beirren lassen: Das Buch ist keineswegs schlecht!

Etwas zu heftig auf die Girlie-Kundschaft schielt Shooting Elvis von Robert Eversz (Krüger), aber immerhin ist ihm ein schneller, erfreulich brachialer kleiner Roman gelungen, der einleuchtend erklärt, was eine Bombe auf dem internationlen Flughafen von L.A mit einem kunsthistorisch wertvollen Urinal zu tun hat.

© Thomas Wörtche

 

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