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Leichenberg 03/1999

 

Bei manchen Büchern hängt es schwer von der Tagesform des Lesers ab, ob sie komisch sind oder nicht. Die Victor-Daniel-Romane von David M. Pierce sind solche Fälle. Was hab' ich schon über seine Albereien den Kopf geschüttelt, aber bei dem neuesten Stück, Lob der Treue  (Haffmans), habe ich hin und wieder fröhlich gekräht: Darüber, wie elegant-bösartig "Discount-Detektiv" Vic Daniel & seine unwahrscheinlichen Spießgesellen eine Schmuddelkinokette aus dem Geschäft boxen, oder über die Feinheiten des Floristen-Gewerbes in Tinseltown und die fiesen Tricks, mit denen man Schutzgelderpresser zur Sau macht. Daß aber unter all dem kreklen Gealber auch noch ein gut konstruierter und spannender Krimi-Plot zum Vorschein kommt (wie plündere ich die Rentenkasse einer großen Firma?), das ist etlichen Beifall wert.

Erstaunlich auch Luis Sepúlveda aus Chile, der gleich mit zwei sehr unterschiedlichen Büchern aufwartet: Mit der langen Erzählung Tagebuch eines sentimentalen Killers  (Hanser) und dem schmalen Roman Die Spur führt nach Feuerland  (VLA Schwarze Risse). Das Tagebuch ist ein raffiniertes Stückchen Kunst-Literatur: Ein bemerkenswert roher Reflex auf den genretypischen Topos des abgezockten Killers, der sich von nichts erweichen läßt außer von einer schönen Frau. Sentimente hat Sepúlvedas Killer eine ganze Menge, aber die gehören dahin, wo sich das Sentimentalische abzuspielen hat: In die Literatur, ins Tagebuch. Mit literarischen Topoi geht Sepúlveda jedenfalls geschickter um, als mit der direkten literarischen Bearbeitung von Realität. Das zeigt der Feuerland-Roman ganz deutlich. Die Jagd diverser Ex-Geheimdienstler aus Ost und West nach einem Schatz, mit einem netten abgewrackten Ex-Guerrillero aus Chile, der für die Herrschaften die Kohlen aus dem Feuer holen soll, hat die vage Naivität aller Verschwörungstheorien. Finstere Mächte obwalten, entweichen man kann ihnen durch überlegene Feuerkraft im richtigen Momen. Und an den Rändern lauert immer noch das Solidaritätspathos der alten Schlachten des Kalten Krieges. Eines jedoch spricht für Sepúlveda: Der Roman ist älter als die Erzählung, insofern bewegt der Autor sich in die richtige Richtung.

Erfreuliche Fortschritte gibt es auch von Carolina Garcia-Aguilera zu berichten. Zwar leidet ihr dritter Roman mit Lupe Solano, Privatdetektivin zu Miami, immer noch an der nervig biederen Erzählweise, aber der Plot von Habana, mi amor  (Limes) ist sehr schön maliziös. Es geht, wer hätte das bei dem Titel gedacht, um Exil-Kubaner, um alte Rechnungen aus der Zeit des Batista-Sturzes, um Steuervermeidung in Uruguay (Steuerfahnder können ruhig mal mitschreiben) und um die generelle Schweinebackichtkeit von Homo sapiens. Erfreulich auch, daß die mittelstandstussige Lupe mit ihren internalisierten "amerikanischen Werten" als Sidekick Suzanne bekomm, das all American girl, das fröhlich und clever als Miamis bestinformierte Hure durch die Handlung tollt.

Um Geld geht es auch schon 230 v. Chr. in Karthago: In Hamilkars Garten  von Gisbert Haefs (Heyne HC). Ein Karthager und ein Römer sind durch verschlungene politische Umstände gezwungen, zusammen einen Mord aufzuklären. So stolpern sie unversehens in einen der größten Währungscoups der Antike, der von heute sein könnte. Für das Surplus sorgen, wie in allen Antiken-Büchern von Haefs, seine Sprachspiel-Matzigkeit und die Freude an sorgfältig und opulent ausgepinselten Panoramen, die gar Hund in Honig als erwägenswerte Mahlzeit erscheinen lassen.

© Thomas Wörtche

 

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