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Weihnachts-Krimi-Auslese: Fröhliche Texte für die Feiertage 2002

 

Das Jahr neigt sich seinem Ende entgegen, träge flackert schon das dritte Lichtlein im Adventskranz, und der Duft von Glühwein und Spekulatius ist allgegenwärtig. Zeit der Besinnlichkeit. Zeit des Konsumstresses. Und natürlich Zeit der Rückschau - für uns: der fröhlichen Rückschau. Wenn Sie noch nach einem Alternativprogramm zwischen weihnachtlichem Familienzwist und ollen Breitwandschinken in der Glotze suchen, möchten wir Ihnen ein paar Kriminalromane ans Herz legen, die in den vorangegangenen Monaten unsere Lachmuskeln strapaziert haben.

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Tote mögen keine Sushi Hamada Ken ist gewiss einer der weltweit erfolglosesten Privatdetektive. Der schwabbelige, etwas zu kurz geratene Mann ist Japaner. Das ist natürlich nichts Ehrenrühriges - aber die Ursache seiner Erfolglosigkeit: "'Japaner brauchen keinen Privatdetektiv, weil sie nämlich gar kein Privatleben haben'". So sitzt der japanische Schnüffler, für den es nichts zu schnüffeln gibt, in seinem Büro auf einem knallroten Campingklappstuhl und gibt sich ganz seiner großen Leidenschaft hin: den Megaman-mangas.

Doch bald ist's vorbei mit der Plastik-Idylle: Der Unternehmer Takahana - Chef eines gigantischen Konsortiums, das wohl mehr Umsatz macht als der japanische Finanzminister in seinem Etat verbuchen kann - schickt das Gummibärchen auf die weite Reise nach "Frankufuroto". In der Hessen-Metropole soll Hamada 10 Millionen Dollar abliefern, angeblich Lösegeld für das entführte Kind eines in Deutschland lebenden Konzernmanagers.

In Frankufuroto entwickeln sich die Dinge schlimmer, als es sich die Spürnase in seinen quälendsten Träumen hätte vorstellen können: Unser Held wird mit sorgsam zubereiteten Sushi betäubt, und erwacht in einem Park neben der Führungskraft, für die er das Lösegeld aus Japan rübergeschafft hatte. Der Manager ist ziemlich tot, wie Hamada Ken blitzgescheit folgert, denn ihm fehlt der Kopf.

Als Top-Verdächtiger gelangt Hamada Ken zu einer gewissen Popularität - mit den wohl peinlichsten Fahndungsfotos der Geschichte schafft er es sogar zur unangefochtenen Nummer eins im japanischen Frühstücksfernsehen. Doch dem Star fehlt die Zeit, um seinen Ruhm auszukosten: Hamada wird von der deutschen Polizei und einem Ninja-Killer gejagt, der ihm immer wieder kopflose Leichen auf den Fluchtweg legt. Mit Hilfe seiner Ex-Geliebten Susanne gelingt ihm die Rückkehr nach Japan, wo er schließlich erkennen muss, aus welch ekliger Quelle der unsagbare Reichtum mancher Menschen sprudelt.

»Tote mögen keine Sushi« heisst das gelungene Krimi-Debüt des Fernsehjournalisten Gert Anhalt, der seit Jahren als Korrespondent in Asien lebt. Mit scharfem Blick, mit Humor und Feingefühl schaut Anhalt sowohl auf die deutsche als auch auf die japanische Kultur und zeigt dabei ein feines Händchen für nette Situationskomik. Die Story hat gutes Tempo und überzeugt mit vielen Überraschungen. Am Schluss aber, wenn er das Mordkomplott mit japanischen Kriegsverbrechen in der Mongolei in Verbindung bringt, verpasst Anhalt seinem Buch einen bitter-ernsten Hintergrund, der nicht recht zum heiteren Ton des Werkes passt.

Eine Frage lässt Gert Anhalt offen: Wenn in der japanischen Sprache der Ausdruck "gefeuert werden" die wörtliche Übersetzung von "geköpft werden" ist, heißen dann auch Arbeitslose...? - Ach, lassen wir das.

Gert Anhalt: Tote mögen keine Sushi. Roman. Originalausgabe. München: Droemer Knaur, 2002, 296 S., 8.90 Euro (D)

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Prinzessin Liederlich Seit dem Ende des Kalten Krieges haben's Geheimagenten nicht leicht. Mit der Bedrohung ist auch der Bedarf an ihren Diensten geschwunden. Viele Abteilungen wurden aufgelöst und ungezählte Schlapphüte in Pension geschickt. Was macht nun eine Geheimdienstabteilung, die vor der drohenden Eliminierung steht? Sie erfindet die Bedrohung, die ihre Dienste wieder notwendig macht. Oder sie schaut sich nach alternativen Geldgebern um - nach schusseligen Geldsäcken, die allzu gerne ein Wort in den Mund nehmen, das sie kaum buchstabieren können: Patriotismus.

Ein derartiger Blödmann ist das goldene Kalb in Fred Williards wunderbarer Screwball-Komödie "Prinzessin Liederlich": John McLendon heisst der Mann mit der Physiognomie - und dem IQ - eines Frosches. Sein Herz schlägt für Amerika, und er brennt darauf, selbst in den Kampf gegen die Feinde des geliebten Vaterlandes zu ziehen. Sechs Millionen Dollar will McLendon für eine Geheimdienstoperation auf den Tisch legen, an der er sich aktiv beteiligen darf. Wenn 5.000 Dollar reichen, um einen Kongressabgeordneten dazu zu bringen, sich an einer zahmen Ziege zu vergehen, dann kann man für sechs Millionen einen ganzen beschissenen Krieg haben. So wurde es McLendon versprochen. Doch bis die Kanonen zum Ruhme Amerikas rauchen, ist es noch weit.

Wirft man in Atlanta, Georgia, einen Sechs Millionen-Köder aus, rummelts bald in der Stadt wie in einem Haifischbecken zur Frühstückszeit. Während der wackere McLendon getarnt mit "rosarotem Panamahut mit einem großen Plastikdinosaurier oben drauf" in Mittelamerika die letzten Details seiner Operation bespricht, hat sich in Atlanta schon manch resolute Figur in Startposition begeben: die beiden Gangster Ray und Peanut etwa, die auch in jedem Elmore Leoard-Roman eine Bereicherung wären, die wütende Witwe eines CIA-Agenten, und diverse aktive und deaktivierte Geheimdienstler.

Fred Willard schafft in seiner rasanten Groteske das Kunststück, seine Figuren umso glaubwürdiger darzustellen, je bekloppter sie sind. Der Roman ist eine prächtige Mischung aus Caper-Novel und Agenten-Thriller und liest sich wie Ross Thomas auf Pille. Kofferweise wandert Geld durch die Hände einer merkwürdigen Menschenschlange und landet auf wundersame Weise immer wieder bei den Ray und Peanut, ohne dass die beiden Gauner sich sonderlich ins Zeug legen müssten. Tja, so kann's kommen, wenn man Teil eines größeren Plans ist...

Fred Willard: Prinzessin Liederlich. (Princess Naughty and the Voodoo Cadillac, 2000). Roman. Aus dem Amerikanischen von Brigitte Helbling. Reinbek: Rowohlt, 2002 (rowohlt paperback), 319 S., 12.00 Euro (D)

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Jede Menge Ärger Ein Koffer ist auch in Dave Barrys Kriminalkomödie »Jede Menge Ärger - Big Trouble« das Objekt der Begierde. Allerdings ist sein Inhalt bei Barry nicht so wertvoll, dafür - sagen wir: brisanter. Bis das Gepäckstück seine fatale Reise antritt, hat sich schon einiges getan: Der Obdachlose Puggy, der in einem Baum lebt, hat sich in das Dienstmädchen Nina verliebt - und in die Stadt Miami, wo er mit coolen Jobs und gefälschten Wahlzetteln leicht ein paar Dollar verdienen kann. Zwei Killer aus New Jersey hingegen haben in kurzer Zeit Miami aufrichtig hassen gelernt. Ein pubertierender Bengel stiftet Verwirrung mit seinen wiederholten Versuchen, seine Angebetete mit einer Wasserpistole zu "ermorden". Ein Werbetexter lernt, dass man für Bier nur mit RICHTIG dicken Titten wirksam Reklame machen kann. Eine Hausfrau muss einsehen, was für einen Kotzbrocken sie geheiratet hat, und ein völlig verblödeter Hund schließt ein seltsames Friedensabkommen mit einer feisten Kröte. Stellen Sie sich dazu noch zwei russische Waffenhändler und ein paar Cops vor, die irgendwie versuchen, in diesem Chaos Ordnung zu schaffen, dann haben Sie ein gutes Bild von Dave Barrys skurriler Kriminalkomödie. Allein die in dem Umschlagstext versprochenen Alligatoren fehlen. Macht aber nichts, denn dafür wird der Leser mit einer Python-Schlange entlohnt, mit einem, äh, sehr anschmiegsamen Exemplar. Und die Moral von der Geschicht'? Wer zu sehr am Gelde hängt, kann tief stürzen. Wortwörtlich.

Dave Barry, bekannter und ob seines ätzenden Spotts gefürchteter US-Kolumnist, gesteht in seinem Vorwort, er habe beim Schreiben nicht genau gewusst, wohin die Reise gehen würde. Das merkt man seinem Debüt-Roman auch an. Barrys Fantasie sprudelt ein bißchen zu sehr - das ist Stoff, der allemal für zwei Romane des "In-Florida-wimmelt-es-nur-so-von-Verrückten-Genres" gereicht hätte. Trotzdem: ein großer Spaß - für die ganze Familie.

Dave Barry: Jede Menge Ärger - Big Trouble. (Big Trouble, 1999). Roman. Aus dem Amerikanischen von Edith Beleites. Bergisch Gladbach: BLT, 2002, 302 S., 8.90 Euro (D)

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Mitten ins Herz Richtig warm ums Herz wird einem bei der Lektüre der Romane von Janet Evanovich. »Mitten ins Herz« heißt ihr jüngster Wurf - wie bisher jeder ihrer Roman einer der witzigsten Höhepunkte des Jahres. Evanovichs Figur Stephanie Plum, Kautionsdetektivin in Trenton, New Jersey, ist in ihrem Job eigentlich eine Niete. Ihre Fälle löst sie nur mit Hilfe der Ex-Hure Lula und dem geheimnisvollen Ranger, oder sie hat einfach pures Glück. Selbst in einer Rauferei mit einer alten Dame unterliegt sie. So wundert's wenig, dass sie auch bei dem Versuch kläglich scheitert, einen alten, depressiven Gauner mit Prostata-Beschwerden beim Gericht abzuliefern. Der Gangster-Greis braust mit einem weißen Cadillac durch Trenton und zieht Stephanie immer wieder eine lange Nase.

Trost findet die gepeinigte Frau hauptsächlich am Esstisch ihrer Familie: bei der immer kurz vor dem Herzkollaps stehenden Mama (der man zu Weihnachten eine Riesenflasche Melissengeist gönnen würde), beim schweigsamen Vater und vor allen bei der resoluten Grandma Mazur. Wenn Grandma nicht gerade auf einer der beliebten Leichenschauen beim Bestatter Stiva weilt, zu denen Trentons Senioren pilgern wie jugendliche Fans zu Rockkonzerten, unterstützt sie "Pilzköpfchen" Steph tatkräftig bei der Verfolgung des Bösen. Doch das Familienidyll ist gefährdet: Stephs "perfekte" Schwester hat ihren Mann im fernen Kalifornien verlassen und ist mit den beiden Kindern nach New Jersey zurückgekehrt. Vom männlichen Geschlecht tief enttäuscht, beschließt die Vorzeigetochter, Lesbe zu werden. Wieder ein Anlass für die Mutter, in der Küche Teller zu zerdeppern, und für den Vater, seine Nase noch tiefer in die Zeitung zu bohren.

Janet Evanovich ist die wohl bekannteste unter mittlerweile zahlreichen Autorinnen in der Kriminalliteratur, die mit Witz und schonungsloser Ehrlichkeit gegen einen verbiesterten Feminismus anschreiben. Ihre Figur ist eben nicht die übermenschlich erfolgreiche Heldin, sondern eine durch und durch lebensechte moderne Frau - von Ängsten Selbstzweifeln und Niederlagen angeknabbert, aber mit dem unbeugsamen Willen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Von diesem Kampf erzählt Janet Evanovich in ihren Romanen, unterhaltsam und plastisch.

Na, dann mal fröhliche Feiertage...

Janet Evanovich: Mitten ins Herz. (Seven up, 2001). Roman. Aus dem Amerikanischen von Thomas Stegers. München: Manhattan, 2002, 350 S., 21.90 Euro (D)

 

© j.c.schmidt, 2002

 

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